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Kompost für den Alltag


Glocken erinnern

Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht lautete am 2. Juni 2018 eine beeindruckende Veranstaltung im Berliner Dom mit Texten des deutschen Widerstands 1938 bis 1945. Vorgetragen von Martina Gedeck, Matthias Brandt und Studierenden der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin. Der Mitschnitt ist nachzuhören hier bei Bayern 2.

Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.
Dietrich Bonhoeffer (1906–1945)

»Friede sei ihr erst Geläute! – ringing the bells« heißt die Initiative zu einem europaweiten Glockenläuten am 21.9. im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres 2018 am Weltfriedenstag.
Der 21. September wurde 1981 von den Vereinten Nationen zum Weltfriedenstag erklärt, einem »Tag des Waffenstillstands und der Gewaltlosigkeit«.

Glockenturm, © wernau.de

Erstmalig europaweit sollen am 21.9.2018 um 18 Uhr für eine Viertelstunde alle kirchlichen und weltlichen Glocken läuten, als gemeinsames Zeichen des Friedens.

Dazu, auch interessant: Wozu brauchen wir heute noch Kirchenglocken? im Tagesspiegel vom 20.6.2018.

St. Petersglocke im Kölner Dom

Die mit einem Durchmesser von 3,22 Metern größte Glocke Deutschlands, gegossen 1923, wiegt 24 Tonnen und klingt mit einem tiefen C: die St.Petersglocke im Kölner Dom, auch »Dicker Pitter« genannt.

Vom Glockenstuhl im Dom ist es nicht weit bis zum Südquerhausfenster von 2007. Allein dieses von dem Künstler Gerhard Richter entworfene Fenster lohnt jeden Besuch im Dom, finde ich. Die 11.263 Quadrate in 72 verschiedenen Farbtönen aus mundgeblasenem Echt-Antikglas stammen aus der Glasmanufaktur Derix.

© Gerhard Richter, Köln / Dombauarchiv Köln

© derix.com

Wem das Dem-Glockenläuten-Lauschen oder das Betrachten von Kirchenfenstern nicht aktionistisch genug ist, wer es trotzdem gern bunt hat und Flagge gegen den grassierenden Rassismus zeigen will – welcome united auf dem Hamburger Rathausmarkt am 29. September 2018 um 12.00 Uhr.

»Wenn wir uns bewegen, bewegt sich die Welt!«
Aus dem Aufruf von We’ll come / Welcome united

Ebenfalls eine Initiative im Sinne des gesellschaftlichen Friedens ist der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der seit 1950 in der Frankfurter Paulskirche vergeben wird – in diesem Jahr am 14. Oktober an Aleida und Jan Assmann, von denen ich ehrlich gesagt bislang nicht gehört hatte.
Soeben im Wiener Picus Verlag erschienen:
Alida Assmann, Menschenrechte und Menschenpflichten: Schlüsselbegriffe für eine humane Gesellschaft

Die Buchtipps im September stehen unter dem Motto »tolle bunte Cover«:


Meg Wolitzer, Die Interessanten
TB, 608 Seiten, Dumont
Übersetzung: Werner Löcher-Lawrence

»Meg Wolitzer spielt in diesem Roman nicht Lebenserfahrung gegen jugendliche Illusion aus, sondern nimmt sich die Mühe, Identität als vielschichtig und kompliziert, als widersprüchlich und unvermeidlich schmerzbeladen darzustellen. … So bleibt der Leserin nur helle Begeisterung für selten glaubwürdig erzählte Figuren und ihre Wege durchs Leben«, schrieb Bernadette Conrad unter der Überschrift Faszinierendes Gruppenporträt 2015 in der NZZ.


Rafik Schami, Erzähler der Nacht
TB, 288 Seiten, BELTZ & Gelberg

Rafik Schami (geb. 1946) wuchs in Damaskus auf und lebt seit 1971 in Deutschland. Der promovierte Chemiker ist ein begnadeter Geschichten-Erzähler, wurde vielfach ausgezeichnet und zählt zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftstellern. Erzähler der Nacht ist das mir liebste Buch von ihm.

Rafik Schami gründete 2012 zusammen mit dem Verleger Hans Schiler den Verein Schams, der seitdem Kinder und Jugendliche in den Anrainerstaaten Syriens unterstützt.