textbeet

Kompost für den Alltag


Harmoniebedürftig?

„The disease to please“, nennt es Oprah Winfrey, die US-amerikanische Talkshow-Moderatorin. Manche Wendungen klingen im Englischen einfach cooler. Das Leiden, allen gefallen zu wollen?

Streitbare Frauen werden gern mal als hysterisch, nervig und jedenfalls streitsüchtig bezeichnet. Zänkisch und „Drachen“ kenne ich von früher und sehe eine Frau mit Besen vor mir, warum auch immer. Jedenfalls kehrt sie nicht alles Unangenehme unter den Teppich, sondern trägt ihre Konflikte offen aus, wenn auch undiplomatisch.

Jenseits von richtig und falsch
liegt ein Ort.
Dort treffen wir uns.
Rūmī (1207–1273)

Was für eine wunderbare Einladung in diesen konfliktreichen Zeiten, wo so viele die „Wahrheit“ für sich gepachtet haben.


Letzte Woche fand in Berlin – von den Medien weitgehend ignoriert – der Rebellion-Wave von XR statt. XR = Extinction Rebellion ≈ Aufstand gegen das Aussterben. Gleich Montag gab es einen „Trauerzug der toten Bäume“, vorbei an den Ministerien für Landwirtschaft, Verkehr und Wirtschaft. Friedlich, kreativ, widerständig.

„Stirbt der Wald, stirbt der Mensch! Die zusätzliche Belastung durch Extremwetter der Klimakrise sieht man bereits im ganzen Land. Wir fordern: Wald statt Asphalt!“ XR Deutschland

Übrigens können wir XR auch mit dieser Payback-Karte unterstützen:

Schon seit einem Jahr gibt es Baumbesetzungen und andere Proteste des gewaltfreien Widerstands in Nordhessen, um den Dannenröder Forst, auch Danni genannt, vor dem Weiterbau der A 49 von Gießen nach Kassel zu retten. www.danni-bleibt.de
Für den Ausbau der A 49 sollen bei Stadtallendorf etwa 85 Hektar Wald weichen – eine Schneise, die insgesamt fast 120 Fußballfeldern entspricht. Der Beschluss für diesen Autobahnabschnitt stammt übrigens aus den 1970er Jahren.

Zum Eilappell von Campact –> Dannenröder Wald: Stoppt die Rodung!

Jenseits von richtig und falsch
liegt ein Ort.
Dort treffen wir uns.
Rūmī (1207–1273)

Total gefreut habe ich mich am 1. Oktober mit Hannah Kiesbye, deren Idee für einen „Schwer in Ordnung“-Ausweis  in den letzten Jahren hohe Wellen geschlagen und u. a. dazu geführt hat, dass die Sozialministerien von wenigstens zehn Bundesländern eine „Schwer in Ordnung“-Hülle anbieten. Angefangen hat alles 2017 mit dieser Geschichte [als PDF bei kidshamburg.de]

Unter dem Motto „Vereint und füreinander da“ hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 1. Oktober 2020 Hannah und 14 weiteren Bürger*innen einen Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Noch bis zum 1.1.2021 in der NDR-Mediathek nachzusehen ist dieser sehr schöne Beitrag „Halstenbekerin Hannah Kiesbye Bundesverdienstkreuz“ [2 min]

Eine ebenfalls couragierte und kreative junge Frau ist die Heldin in Karin Kalisas Roman Radio Activity, den ich grade begeistert als Hörbuch „verschlungen“ habe, da die Autorin das Thema Sexueller Missbrauch und die frühzeitige Verjährung der Tat ganz ungewöhnlich bearbeitet hat.
   

Über die Onleihe unserer Stadtbücherei lese ich grad – übrigens eine Empfehlung der Transformationsforscherin Maja Göpel:
Kübra Gümüşay, Sprache und Sein
Hanser Berlin, erschienen am 27.01.2020
208 Seiten
Die wunderbare Einladung von Rumi stellt Kübra Gümüşay ihrem Buch voran.
Ich bin erst auf Seite 55, finde aber Sprache und Sein schon jetzt eine große Bereicherung.

„Nicht jeder kann in der Sprache, die er spricht, sein. Nicht etwa, weil er die Sprache nicht ausreichend beherrscht, sondern weil die Sprache nicht ausreicht.“
Kübra Gümüşay

Jenseits von richtig und falsch
liegt ein Ort.
Dort treffen wir uns.
Rūmī (1207–1273)

Auf meiner Wunsch-Leseliste steht noch:
Caroline Criado-Perez, Unsichtbare Frauen
Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert
Aus dem Englischen von Stephanie Singh
btb, erschienen am 10.02.2020
496 Seiten

Caroline Criado-Perez habe ich über diesen empfehlenswerten Beitrag in ttt – titel, thesen, temperamente kennengelernt:
„Unsichtbare Frauen“: Der Mann als Maß aller Dinge | [Video verfügbar bis 16.02.2021]

Quelle: NDR

Am Parliament Square in London hat Criado-Perez eine erste Frau sichtbar gemacht, zwischen all den Statuen berühmter Männer: die britische Frauenrechtlerin Millicent Garrett Fawcett (1847–1929).