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Kompost für den Alltag


Ladies first

Zum Beispiel diese Geste: Man lässt mir den Vortritt. Bei meinen Recherchen, woher diese Tradition eigentlich kommt, bin ich auf eine interessante Erklärung gestoßen: Im Mittelalter mussten die adligen Herren wegen allgemeinen Machtgerangels ständig um ihr Leben fürchten. Bevor ein adliger Herr also eine Schwelle übertrat, ging er auf Nummer sicher und ließ einer Frau den Vortritt – Ladies first. Wenn diese Lady nun einem Attentat zum Opfer fiel, war immerhin ein Männerleben gerettet.

Ladies First (2017) der pakistanischen Filmemacherin Sharmeen Obaid-Chinoy

Wie sieht es mit Ladies first in der deutschen Sprache aus?
Wer mit der Sesamstraße großgeworden ist, kennt die Reihenfolge:

Quelle: NDR (Screenshot)

der, die, das
wer wie was
wieso weshalb warum …

Mein Vorschlag: Wir sortieren das mal neu. Ladies first! Laut Duden ist die deutsche Sprache mehrheitlich weiblich. Das heißt, wenn man alle Hauptworte im Rechtschreibduden durchzählt, kommt man auf etwa 46 % die-Wörter, 12 % mehr als Substantive mit männlichem Artikel.

Quelle: Rechtschreibduden online

Warum eigentlich nicht?

Wer nicht fragt, bleibt dumm.

Und noch eine Leseempfehlung, die es damals bei Erscheinen des Romans nicht ins Textbeet geschafft hat:
Julie Otsuka, Wovon wir träumten

Aus dem Englischen von Katja Scholtz
Mare Verlag 2012

Zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg reiste eine Gruppe japanischer junger Frauen nach San Francisco, um dort ihre Ehemänner kennenzulernen, und ohne ein Wort Englisch zu sprechen. Der Roman beginnt so: »Auf dem Schiff waren die meisten von uns Jungfrauen. Wir hatten langes schwarzes Haar und flache, breite Füße, und wir waren nicht sehr groß. Einige von uns hatten als junge Mädchen nichts als Reisbrei gegessen und hatten leicht krumme Beine, und einige von uns waren erst vierzehn Jahre alt …«

Der Originaltitel. Auch so ein schönes Cover, nicht?

Bald ist es wieder soweit: