textbeet

Kompost für den Alltag


miteinander reden

Die von mir sehr geschätzte Publizistin Carolin Emcke spricht seit Ende Februar alle zwei Wochen in ihrem SZ-Podcast In aller Ruhe mit lauter interessanten Menschen, die nicht in jeder dritten Talkshow sitzen. Ende April sprach sie unter dem Titel „Kein Entkommen“ mit dem Autor Ofer Waldman über die Demokratie-Krise in Israel.

Foto: Tal Alon, Bearbeitung: SZ

Diese Folge hat mich besonders berührt, nachdem ich erst neulich Apeirogon von Colum McCann gelesen und festgestellt habe: eins der besten Bücher, die ich kenne. Wer diese Bewertung etwas genauer möchte, kann mich gern ansprechen.


Ofer Waldmann hat in dem „In aller Ruhe“-Gespräch übrigens ein Hörspiel von Noam Brusilovsky empfohlen:
Faust (hab’ ich nie gelesen) [verlinkt zur SWR-Hörspiel-Mediathek]

Quelle: SWR

Sehr witzig und ausgezeichnet als Hörspiel des Monats November 2022 der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste.

Und wer noch mehr Zeit hat, zuzuhören, denen empfehle ich das „Jung & Naiv“-Gespräch #639 mit dem Historiker Meron Mendel über „Israel, Palästina & Antisemitismus“.

Von Thorsten Körners Dokumentarfilm „Die Unbeugsamen“ hatte ich hier schon im September 2021 geschwärmt – die Geschichte der Frauen der Bonner Republik, die Politik nicht allein den Männern überlassen wollten und so mutig wie selbstbewusst gegen Vorurteile ankämpften.

Foto: Marie-Elisabeth Lüders 1958 an ihrem 80. Geburtstag, aus: „Die Unbeugsamen“

Noch eine Woche lang, bis zum 7.5.2023, sind „Die Unbeugsamen“ in der ZDF-Mediathek zu sehen. So lange die lauen Frühlingsabende noch auf sich warten lassen, kann man auch mal fernsehen, oder?

Barbara Bleisch spricht nicht als Politikerin, sondern als Philosophin klug und selbstbewusst gegen Vorurteile. Ich kenne und schätze sie schon länger als Moderatorin beim Schweizer Fernsehen, wo sie in der Sternstunde Philosophie seit 2010 mit herausragenden Gästen spricht. Bei dem relativ jungen Format UM Politics Talks im Unternehmen Mitte in Bern war Barbara Bleisch am 1. März selbst zu Gast. Auch bei diesem „Gespräch über Gespräche“ [verlinkt zu youtube] gab’s viel zu lernen.

Barbara Bleisch im Unternehmen Mitte in Bern

Von Bonn über Bern nach Berkeley/Kalifornien.
Denn dort fand im April die Bioneers 2023 Conference statt.

Ein Blick auf die Website der Bioneers lohnt sich für alle, finde ich, die auf dem weiten Feld der Klimakrisen offen für Ermutigungen und neue Perspektiven sind.
Auf die Bioneers bin ich eher zufällig gestoßen und zwar über den Song We Shall be Known von MaMuse, den der Thrive East Bay Choir bei der 2017er Konferenz der Bioneers gesungen hat (sehr schöne Version, aber Achtung – Ohrwurm). Zum Text von We Shall be Known [verlinkt zu greatturning.net]

Wahrscheinlich schwirrt Euch jetzt der Kopf vor lauter Namen. Mir machen diese Menschen Mut.
Zur Erholung gibt’s noch ein aktuelles Bild von einem unserer Beete. Unten rechts: Vergissmeinnicht 🙂
Allen ein erfreuliches Frühjahr!


nix dafür

Ich bin leider schuld
Ich hatte mir gewünscht, dass die Mücken sterben und die Wespen auch
Ich bin leider schuld
Ich hatte allgemein einen hohen Verbrauch
Ich bin leider schuld
Ich hatte mir gewünscht, dass es wärmer wird, warm genug zum Baden
Ich bin leider schuld
Ich hatte nicht gedacht an den ganzen Schaden

Aus: Dota, Ich bin leider schuld,
von der CD Wir rufen Dich, Galaktika (2021)

Der ganze Text ist bei genius.com nachzulesen und der ganze Song zu hören hier bei youtube.

Gegen Ende singt ein Kinderchor: „Schuld bist du nicht allein“. Aber irgendwie mitschuldig eben schon. Gleichzeitig gibt es viel Fatales, für das ich z. B. nicht verantwortlich bin. Da kann ich echt nix dafür. Zum Beispiel, dass immer noch kein generelles Tempolimit gilt auf unseren Autobahnen. Daran scheint mir eher unser Finanzminister schuld zu sein. Wollen wir eine Demo organisieren? Bitte melden!
Eine Petition bei change.org Tempolimit 130 km/h – sofort! zum Gleich-Unterschreiben gibt es schon.

Die Ich-Erzählerin in Die Woche von Heike Geißler [ganz zu Recht auf der Shortlist zum Leipziger Buchpreis 2022] wäre bei der Demo wahrscheinlich sofort dabei. Die Woche ist ein großartiger Empowerment-Roman, krass, poetisch, phantastisch, aktuell. Was wollen wir mehr?
Heike Geißler, Die Woche
316 Seiten
Suhrkamp, erschienen am 7.3.2022

Hier noch ein Buchtipp aus der Reihe »Lieblingsbücher, die ich noch nicht im Textbeet erwähnt habe …«

Tanja Langer hat ihre unkonventionelle Freundschaft mit dem Deutsche-Bank-Vorstandssprecher Alfred Herrhausen, der 1989 von der RAF ermordet wurde, in einem fesselnden Roman verdichtet.

Tanja Langer, Der Tag ist hell, ich schreibe dir
408 Seiten
Langen-Müller, erschienen 2012

Unsere Rosen, (c) marengide
Orwells Rosen, (c) Rowohlt Verlag
Rebecca Solnit, (c) Trent Davis Bailey

Als Fan von Rebecca Solnit empfehle ich Orwells Rosen, das noch auf meiner Wunschliste steht. Ich vertraue da ganz Margaret Atwood, die schreibt: »Ich liebe dieses Buch, und viele andere werden das auch tun. Ein berauschender Streifzug durch Orwells Leben und seine Zeit …«

Rebecca Solnit, Orwells Rosen
Aus dem Englischen von Michaela Grabinger
320 Seiten
Rowohlt, erschienen am 14.6.2022

Kletterrose vor der Nachbar-Garage

Zum weiterhin wichtigen Thema Geschlechtergerechte Sprache [Gendern] zitiere ich gern noch die mährisch-österreichische Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916), die lange vor der Gender-Debatte festgestellt hat:
»Wenn eine Frau sagt ›Jeder, meint sie: jedermann.
Wenn ein Mann sagt Jeder, meint er: jeder Mann.«

Uns allen, jeder und jedem, wünsche ich wunderbare Sommertage!

(c) Thomas Stephan on Unsplash, entdeckt auf hamburg-tourism.de


… keine gute Ratgeberin

Jage die Ängste fort
und die Angst vor den Ängsten.
Für die paar Jahre
wird wohl alles noch reichen.

Aus: Rezept von Mascha Kaléko

Unser Rosenbäumchen blüht Jahr für Jahr doller

Ja, die Angst … Sie ist einfach keine gute Ratgeberin.

Die Neurowissenschaftlerin und Professorin für Medienpsychologie Maren Urner hat am 29.1.2022 über »positives Denken in der Krise« [verlinkt zur WDR-Mediathek] mit Kornelia Bittmann gesprochen [35:31 Min]. Sie erzählt anschaulich vom Negativitäts-Bias unseres „Steinzeithirns“, also von unserer Vorliebe für das Negative, und dass diese Einstellung (dieser Bias) vor 1 Millionen Jahre durchaus sinnvoll war – als unsere Vorfahr:innen noch in Höhlen lebten. Doch heutzutage eher problematisch ist, denn wir vergessen darüber unsere Selbstwirksamkeit.
Empfehlen kann ich nicht nur dieses Gespräch und ihr Buch Raus aus der ewigen Dauerkrise, sondern auch ihren Rat, nicht gleich als erstes morgens die Nachrichten zu hören. Mir bekommt dieser „Verzicht“ gut. Auch Zeitungspapier ist geduldig.

erschienen am 3.5.2021

Manchmal argumentiere ich gegen Stiftungen als Steuersparmodell, gebe aber zu, dass zum Beispiel die Heinrich-Böll-Stiftung tolle Projekte finanziert, wie z. B. den Salon des guten Lebens. Der erste virtuelle #Salon mit Kübra Gümüşay und ihrem Thema Streit und Sein – Zukunft [verlinkt zum Salon des guten Lebens] vom 8.9.2021 widmete sich unter anderem der Frage: »Was für Grundlagen braucht es, um zugewandt, konstruktiv, erfolgreich über eine gerechtere Zukunft zu sprechen?«
Kübra Gümüşay und ihre Gäste Asal Dardan, Mithu Sanyal und Emilia Roig haben die wertschätzende Kommunikation im digitalen Raum vorgemacht:

(c) Heinrich-Böll-Stiftung
die vier jüngsten Bücher der Autorinnen

Kübra Gümüşay, Sprache und Sein
Asal Dardan, Betrachtungen einer Barbarin
Mithu M. Sanyal, Identitti
Emilia Roig, Why we matter
[verlinkt auf die Verlagsseiten]

Und noch eine Entdeckung: Alisa Amador, die Gewinnerin des 2022 Tiny Desk Contest

Alisa Amador (c) NPR

Für mich entdeckt habe ich sie letzte Woche bei ihrem NPR-Tiny-Disk-Concert vom 31.5.2022, ehrlich gesagt auf youtube, aber es gibt auch das werbefreie(!) Original-Video ihres schönen, nur zu kurzen 20-minütigen Auftritts auf NPR (National Public Radio).

Alisa Amador und ihre Band (c) NPR

Nach so viel Frauenpower mache ich jetzt noch (ganz uneigennützig!) Werbung für zwei meiner Lieblingskünstler:

erschienen am 22.3.2022 (c) Carlsen Verlag, Hamburg

Die Känguru-Comics 1: Also ICH könnte das besser
von Marc-Uwe Kling und Bernd Kissel
ZEIT online veröffentlicht fast jeden Tag einen neuen Känguru-Comic.
In der Sommerpause bietet sich für alle Känguru-Süchtigen das Buch an.

Auf mehrfachen Wunsch zu guter Letzt mal wieder ein Rezept:

Veganer Bananenkuchen

140 g Margarine
80 g brauner Zucker
1 Pck. Vanillezucker
2-3 reife Bananen
5 EL Kokosmilch
250 g Mehl
2 TL Natron
5 EL Rosinen
etwas Margarine für die Backform

Die Margarine mit dem Zucker schaumig schlagen. Die kleingeschnittenen Bananen und die Kokosmilch dazugeben und weitermixen. Mehl und Natron unterrühren. Zuletzt die Rosinen unterheben. Den Teig in die gefettete Spring- oder Kranzform füllen, bei 180°C (ohne vorzuheizen) etwa 35 Min. (Stäbchentest) backen. Der schmeckt nicht nur Veganer:innen.


Alles mit allem

• unser Wohlstand mit der Armut in anderen Ländern
• unser Braunkohle-Tageabbau mit den 38 Grad in Sibirien
• Armut mit Bildung
aber auch
• ein Lächeln an der Bushaltestelle mit besserer Laune am Mittag

Alles hängt mit allem zusammen, wusste der Naturforscher Alexander von Humboldt schon vor über 200 Jahren.

Bei uns im Sommer-Garten 1

Bei uns im Sommer-Garten 2

Wir könnten Menschen sein.
Einst waren wir schon Kinder.
Wir sahen Schmetterlinge.
Wir standen unterm silbernen Wasserfall.
Wir sahen alles.
Wir hielten die Muschel ans Ohr.
Wir hörten das Meer.
Wir hatten Zeit.
Max Frisch (1911–1991)

Aus: Max Frisch, Gesammelte Werke, Suhrkamp-Verlag

Womit wir schon wieder bei Fridays for Future wären.
»Fridays for Future: Das sind alle, die für unser Klima auf die Straße gehen.«
Am Freitag, dem 25. September 2020 findet der nächste Globale Klimastreik statt.
Es ist noch Zeit genug, sich für diesen Tag Urlaub zu nehmen. Gestreikt wird auf der ganzen Welt: in Accra (Ghana), Berlin, Caracas (Venezuela), Dhaka (Indien), Freetown (Sierra Leone), Guatemala-Stadt und so weiter.
Quellen: Karte von FFF International
Liste der Hauptstädte der Erde (Wikipedia)

 

Unter dem Hashtag #FACETHECLIMATEEMERGENCY 
haben sich am 16. Juli 2020 tausende Aktivist*innen, unter ihnen Greta Thunberg und Malala Yousafzai in einem offenen Brief an die EU und Staatsoberhäupter weltweit gewandt.

»Wir fordern, dass die Klimakrise wie eine tatsächliche Krise behandelt wird … Die zum Schutz der Menschheit erforderlichen Änderungen mögen sehr unrealistisch erscheinen. Es ist jedoch viel unrealistischer zu glauben, dass unsere Gesellschaft die globale Erwärmung, auf die wir zusteuern, sowie andere katastrophale ökologische Folgen des heutigen Systems überleben kann.«
Der Brief kann von jedem und jeder unterschrieben werden, auf https://climateemergencyeu.org, wir sind da in guter Gesellschaft.

Dr. Friederike Otto (* 1982) ist Klimaforscherin, Physikerin, promovierte Philosophin und leitet seit 2018 das Environmental Change Institute an der Universität Oxford. Ihr Buch Wütendes Wetter (vom April 2019) ist Anfang dieser Woche als Taschenbuch erschienen.

Friederike Otto, Benjamin von Brackel
Wütendes Wetter. Auf der Suche nach den Schuldigen für Hitzewellen, Hochwasser und Stürme

Friederike Otto gehört auch zu den Erstunterzeichner*innen der inzwischen mehr als 27.000 Scientists for Future, auf deren Expertise die Jugendlichen von FFF immer wieder verweisen. Auf der Q Berlin 2019 (Berlin’s Social Conference) hielt Otto einen kurzen eindringlichen Vortrag zu den Klimaveränderungen (auf Englisch). Link zum youtube-Video [14 min]

  

Bei ihrem Gespräch mit Tilo Jung – Jung & Naiv: Folge 437  – sagte sie im Herbst 2019: »Das Wetter verändert sich schneller, als wir uns daran anpassen können.« Wir sollten uns also von diesem hierzulande relativ normalen Sommer nicht in Sicherheit wiegen lassen.

Wer findet unsere sechs Frösche?

Familienaufstellung

Und wenn gelegentlich irgendwie alles zu viel wird, zu viele Zusammenhänge, zu viele Dilemmata, zu viele Frösche, dann lege ich Euch diese besondere Version von Simon & Garfunkels Bridge over Troubled Water ans Herz [Gershwin Award, 23.5.2007, youtube 5:17 min], bei der Paul Simon die zweite Strophe singt.
STILL_Garfunkel_SImon_Bridge

Mein Ohrwurm der Woche, nachdem ich die spannende Doku Simon & Garfunkel – Traumwandler des Pop auf Arte gesehen habe. In der Arte-Mediathek noch bis zum 21.10.2020 verfügbar. Denn:

When tears are in your eyes
I will dry them all
I’m on your side
Oh when times get rough

Like a bridge over troubled water
I will lay me down

Da ich weiß, dass sich einige Menschen hier im Textbeet nach Urlaubslektüren umschauen, hier noch drei meiner Lieblingsbücher, die ich noch nicht mehrfach empfohlen habe. Weitere Informationen auf den Verlagsseiten nach Klick auf die Titel.

        

Last but not least – das 2020er Sommer-Rätsel!!
Was ist das wohl für ein grüner Käfer, der vor einigen Wochen bei uns auftauchte?


Lösungsvorschläge bitte bis zum 21.9.2020 an mg@textbeet.de
Unter den Einsendungen verlosen wir:


Chimamanda Ngozi Adichie
Mehr Feminismus! Ein Manifest und vier Stories
Aus dem Englischen übersetzt von Anette Grube

Viel Glück!


Lauter Kluge

Maja Göpel, Unsere Welt neu denken. Eine Einladung
Ullstein, Februar 2020

Die Transformationsforscherin Dr. Maja Göpel (*1976) berät als Generalsekretärin des WBGU auch unsere Bundesregierung und sie schreibt, wie sie spricht – klug und verständlich. »Unsere Welt neu denken« habe ich fast durchgelesen und werde mich demnächst mit ihren Linkempfehlungen beschäftigen.
Im Gespräch mit Tilo Jung bei Jung & Live vom 16.4.2020 (bei youtube, 90 min) empfiehlt Maja Göpel, Mariana Mazzucato zu lesen.

Mariana Mazzucato, Wie kommt der Wert in die Welt? Von Schöpfern und Abschöpfern
Campus, März 2019
Mariana Mazzucato (*1968) ist Professorin für Innovationsökonomie und Public Value am University College London und berät Politiker*innen in aller Welt zu Fragen eines smarten und nachhaltigen Wachstums.

Auf einem Panel des Schweizer Fernsehens am 23.1.2019 in Davos sitzt außer Mariana Mazzukato auch die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern.
Jacinda Ardern (*1980) hat als Premierministerin (seit 2017) einen Haushalt für »Wellbeing« geschaffen. Zitat: »Als Minister wollen Sie Geld ausgeben. Mir muss man beweisen, dass man das Wohlbefinden aller Menschen bedenkt und das der Gesellschaft und nicht nur das ökonomische.«

Experte für Gemeinwohl-Ökonomie ist Christian Felber, hier zu erleben bei Jung und Naiv vom 13. Februar 2020


Christian Felber, Gemeinwohl-Ökonomie
Piper, März 2018

Christian Felber (*1972) hat Attac Österreich mitbegründet und initiierte 2010 die internationale Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung. In der Gemeinwohlregion Kreis Höxter werden viele der guten Ansätze bereits praktiziert. Hier geht’s zu einem Beitrag des WDR vom 18.12.2019.

*************

»Jage die Ängste fort
und die Angst vor den Ängsten«

Mit diesen Zeilen endet »Das Rezept« von Mascha Kaléko (1907–1975). Das Hamburger Thalia-Theater hat eine Poesie-Ambulanz eröffnet. Hier liest die Schauspielerin Rosa Thormeyer (*1992) Kalékos Gedicht. So schön.

Dota Kehr (*1979) wiederum hat in den letzten Jahren Gedichte von Mascha Kaléko vertont. Die Aufnahmen sind soeben erschienen und können hier erworben werden.
Dota Kehr & Felix Meyer mit »Zum Trost«, sei nicht nur zum Hören am späten Abend empfohlen.
 

Beim Klimastreik am 29.11.2019 sind DOTA in Berlin aufgetreten mit KEINE ZEIT – »Hier ist ein Lied, das wir für die Fridays for Future Demo geschrieben haben.«
Wenn ich an die FFF-Aktivist*innen denke, fällt mir die Kampagne »Wahlrecht ab Geburt« ein. Schirmherrin ist Bundesfamilienministerin a. D. Renate Schmidt.

Wer ab Geburt nun wirklich übertrieben findet, möge den Appell der Grünen unterzeichnen: »Wahlrecht ab 16 – es ist höchste Zeit!«. Denn:

Ein neuer Anfang ist möglich.
Es ist an uns, die vor uns liegende Zukunft zu gestalten.
Wer sich anstecken lässt vom Leitstern der Sehnsucht,
wer den ersten Schritt in die Zukunft wagt,
dem sei gesagt:
„Fürchte Dich nicht, es blüht hinter Dir her.“
Hilde Domin

      

Schließlich noch ein Mai-Foto, denn nach etwa vier Jahren als Engerling besuchte uns dieser Feldmaikäfer vor einer Woche auf der Terrasse:


Hopp hopp hopp Kohlestopp

Zum Widerstand in der Politik, ganz bald auf fossile Energie zu verzichten, weil das technisch nicht machbar sei, zitiert die Wissenschaftlerin Dr. Maja Göpel  den Politiker und Vorreiter in Sachen Erneuerbare Energien Hermann Scheer (1944-2010): »Das ist eine Beleidigung unserer Ingenieure.«
Das ganze Interview vom 30.6.2019 (Jung & Naiv: Folge 420) mit Maja Göpel ist bei youtube nachzusehen oder hier als Jung-und-naiv-podcast nachzuhören [2 Stunden].

Foto: S4F. Wissenschaftler von Scientists for Future mit den Aktivisten von Fridays for Future bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin.

Maja Göpel hatte auch bei der Bundespressekonferenz »Scientists for Future« zu den Protesten für mehr Klimaschutz am 12. März 2019 Rede und Antwort gestanden, gemeinsam mit anderen Wissenschaftler*innen, hier nachzusehen.

Zugegeben habe ich mich vor Kurzem überhaupt nicht für BundesPresseKonferenzen interessiert, inzwischen aber festgestellt, dass die von Tilo Jung veröffentlichten Podcasts bzw. Videos sich hin und wieder prima eignen als Hintergrundszenerio beim Kochen [weiter unten das Rezept für meinen Sommersalat].

Spannend fand ich auch die »BPK« vom 5.7.2019, auf der u. a. die Umweltministerin Svenja Schulze und die Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Claudia Kemfert drei Studien zur CO2-Steuer vorgestellt haben, als Grundlage für die fälligen politischen Entscheidungen, die aktuell in den Medien diskutiert werden. Nachzusehen bei youtube »Studien zur CO2-Steuer« oder als Jung&naiv-podcast zum Nachhören.

Danke an Tilo Jung von Jung & Naiv | Politik für Desinteressierte!

Nur wenn alle an einem Strang ziehen, können wir den Klimazusammenbruch verhindern. Vorbilder und Ideen gibt es genug, national und international: CO2-Preis einführen, Subventionen für Öl und Gas streichen, Permakulturen subventionieren, große Aufforstungsprogramme beginnen etc.

 

Sascha Lobo auf der 13. re:publica-Konferenz, die im Mai 2019 in Berlin stattfand unter dem Motto: tl;dr – abgekürzt für too long; didn’t read. Wem schon jetzt klar ist, dass ihr/ihm das Buch (352 S.) von Sascha Lobo zu lang sein wird – seinen unterhaltsamen einstündigen Vortrag »Realitätsschock«
kann ich nur empfehlen [1 Stunde auf 19.republica.com]. Auf das Buch müssen wir eh noch bis September warten.


Und da alles mit allem zusammenhängt: Bereits im April 2019 erschien Utopien für Realisten von Rutger Bregman über das Titel, Thesen, Temperamente am 16.6.2019 berichtet hat [8:28 min]. ttt: »Rutger Bregman ist die herausragende Stimme einer neuen Bewegung. Er plädiert für neue gesellschaftliche Verträge, einen Systemwechsel hin zu einer gerechteren, sozialen Gesellschaft.«

»Im Schnitt sind wir alle humanistische Kapitalisten … – wir beuten andere aus, fühlen uns aber schlecht dabei.«
Nico Semsrott 

Und endlich möchte ich auch mal wieder von unserem Projekt hier vor Ort schwärmen – den Schenefelder Beeten. Seit Mai 2019 ackern wir nicht nur am Husbargen, sondern haben außerdem ein Gartenschulprojekt mit Schenefelder Grundschulklassen angeschoben.
 

Sommer-Salat
• 500 g gekochte Nudeln oder 500 g gewürfelte Pellkartoffeln
• halbierte Cherry-Tomaten oder klein geschnittene eingelegte getrocknete Tomaten
• Oliven nach Gusto
• gewürfelter Schafskäse
• jede Menge Rucola (mundgerecht)
• Cashewkerne
Das Dressing aus reichlich Olivenöl, etwas Balsamico-Essig, Senf, Salz und Pfeffer darübergeben, eine Weile durchziehen lassen. Guten Appetit!


Ansichtssache

In meinem Postkartenkarton finden sich tatsächlich noch ein paar Ansichtskarten wie diese, die ich vor einigen Sommern nicht rechtzeitig verschickt habe:

Postkarten zeigen in der Regel besonders hübsche Ansichten am Urlaubsort, die den Neid der Adressat_innen wecken könnten.
Weniger harmlose Ansichten dagegen sind solche, die auf Falschmeldungen oder Fehleinschätzungen beruhen.
Wie harmlos sind Menschen, die sich in der Flat Earth Society versammelt haben? Die davon überzeugt sind: Die Erde ist eine Scheibe.
Nein. Die Erde ist rund, die Welt ist bunt und außerdem bevölkert von Rechthabern und Besserwisserinnen [engl.: know-alls and smartypants].

Mit seinem Buch FACTFULNESS versucht der Schwede Hans Rosling (1948–2017), Professor für Internationale Gesundheit, zumindest mit einigen Irrtümern in unserem Denken aufzuräumen – sehr anschaulich und eindrücklich. Seine positive Sicht auf die Welt ist nicht naiv optimistisch, sondern gründet sich auf Fakten, auf Zahlen der Weltbank und der Vereinten Nationen z. B.

  
Hans Rosling with Ola Rosling and Anna Rosling Rönnlund
Factfulness. Ten Reasons We’re Wrong About the World – and Why Things Are Better Than You Think

Hans Rosling mit Anna Rosling Rönnlund und Ola Rosling
Factfulness. Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist

Anna Rosling Rönnlund, Hans und Ole Rosling

Ich kann einen Blick auf die Website der 2004 von Hans Rosling gegründeten Gapminder-Stiftung nur empfehlen. Und zum Einstieg vielleicht Roslings TED-Vortrag in Katar über den Zusammenhang zwischen Religionen und Geburtenraten: Religions and babies. Das NDR-Kulturjournal hat dazu am 30.4.2018 diesen Beitrag Hans Rosling: „Factfulness“ gesendet. Wer das ZDF und Aspekte bevorzugt, schaue: Der Optimist Hans Rosling „Die Welt ist gar nicht so schlecht“.

Schon 1967 sangen die Beatles [bei youtube], dass alles immer besser werde, in Getting Better auf Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band:
.

»I’ve got to admit it’s getting better (Better)
A little better all the time (It can’t get more worse)
I have to admit it’s getting better (Better)«

Wahrscheinlich nicht nur, um den Beatles zu widersprechen, schrieb Joni Mitchell zwei Jahre später den wesentlich kritischeren Song Big Yellow Taxi [bei youtube], 1970 erschienen auf Joni Mitchells drittem Album Ladies of the Canyon:

»Don’t it always seem to go
That you don’t know what you’ve got till it’s gone?
They paved paradise
Put up a parking lot«

Joni Mitchell 2007

Joni Mitchell wurde 2007 in die Canadian Songwriters Hall of Fame aufgenommen. Bei dieser Gelegenheit sang das Publikum „Big Yellow Taxi“ mit, auch schön – Audience sing-along at the 2007 CSHF Induction Ceremony [bei youtube]. Eine kurze Rückschau auf ihr Leben als Musikerin zeigt dieser Rock and Roll Hall of Fame Induction Film von 1997 [bei youtube] .

Einer, dem die Bewahrung der Schöpfung sicher so am Herzen liegt wie Joni Mitchell und der die Herausforderungen der heutigen Zeit viel deutlicher anspricht als die meisten Politiker_innen und das durchaus zuversichtlich, ist Papst Franziskus. Am 14. Juni 2018 kommt der neue Film von Wim Wenders in die Kinos, auf den ich schon sehr gespannt bin – das Porträt „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“.

Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes (Universal)

Dieser 5-minütige Beitrag zum Film auf Arte ist noch bis zum 1.9.2018 online.
Papst Franziskus, nun immerhin schon fünf Jahre im Amt, sagt: „Lasst uns nach vorne blicken und gemeinsam vorangehen.“  Zum Trailer auf kino-zeit.de.

Keine zwei Meinungen bzw. Ansichten gibt es jedenfalls zu diesem Johannisbeer-Quark-Kuchen: mein Sommerkuchen mit roten Johannisbeeren ausm Garten [das Rezept als PDF Marens_Johannisbeer-Quark-Kuchen].

200 g weiche Butter mit
100 g Zucker,
2 Eiern,
je 200 g Mehl und Vollkornmehl sowie
1 Pk. Vanillezucker
zu einem geschmeidigen Teig verkneten.
Auf einem gebutterten Backblech ausbreiten.

750 g Magerquark,
250 g Zucker,
5 Eigelb und
1 Pk. Vanillepudding verrühren.
Jeweils 250 ml Sahne und
die 5 Eiweiße steif schlagen und mit
750 g Johannisbeeren
vorsichtig unter den Quark heben.
Auf dem Teig verteilen.

Bei 175°C (im nicht vorgeheizten Ofen) etwa 45 Min. backen.

Getting better handelt übrigens weniger von der immer besser werdenden Welt, wie Hans Rosling sie beschreibt. Hier gibt einfach jemand zu, mit seiner neuen Freundin großes Glück zu haben: „It’s getting better since you’ve been mine.“

Schönen Sommer weiterhin!


Jage ihm nach

Suche Frieden war das Motto des Katholikentages vom 9. bis 13. Mai in Münster.

Veranstaltung vorm Dom

„Suche Frieden und jage ihm nach!“, heißt es im Psalm 34, Vers 15.
Jage ihm nach! Nicht: „Wart mal ab, was passiert“. Nicht: „Ruht Euch erst mal auf Euern Fortschrittchen aus“, wie Hans Leyerdecker bei seinem sehr politischen biblischen Impuls zu Jesaja 52,1-12 deutlich sagte. Wacht auf! Wacht auf! (Jesaja 52,1)
Hans Leyendecker ist investigativer Journalist, Präsident des Evangelischen Kirchentags 2019 in Dortmund und ein ausgesprochen kluger Kopf.
Ich denke, dass die Gemeinsamkeiten der Konfessionen doch so sehr überwiegen, dass der Prozess „Vielfalt in der Einheit“ schneller vorangehen könnte. Blauäugig? An der Basis praktizieren sehr viele Gemeinden längst ökumenisches Miteinander. Könnte die Frage „Was würde Jesus heute sagen?“ nicht die Leitfrage sein bei dem theologischen Ringen um gemeinsame Positionen? Haben wir heute nicht drängendere Probleme? Die Bewahrung der Schöpfung zum Beispiel … Bietet sich die Frage nicht außerdem an in der Flüchtlingspolitik, insbesondere für die so genannten christlichen Parteien?

Heiner Geißler
Was würde Jesus heute sagen?
Die politische Botschaft des Evangeliums
160 Seiten

Die Weigelie in unserem Garten

Für alle, die Was würde Jesus heute sagen? nicht reizt, habe ich noch drei Buchempfehlungen vom Regalbrett „Fast schon ein Klassiker“ [die Titel sind für weitere Informationen auf die Verlagsseiten verlinkt]:

Irene Dische
Großmama packt aus
Übersetzt von Reinhard Kaiser
384 Seiten

Dörte Hansen
Altes Land
304 Seiten

Robert Seethaler
Der Trafikant
256 Seiten

       

Und noch ein Blick in unseren Garten. Im letzten Jahr wohnten zwei Frösche in unserem kleinen Gartenteich (siehe Naja, naja vom Juli 2017).
Seit ein paar Wochen sind es drei: zwei noch ziemlich kleine Teichfrösche und ein großer Frosch – ihr allein erziehender Vater?

 

Gern erinnere ich an das Frühlingspreisrätsel vom April, dazu einfach weiter nach unten scrollen. Einsendeschluss ist der 20.6.2018.

Frohe Pfingsten!


Glück gehabt

Hierzulande geboren zu sein und „ganz automatisch“ hier leben zu dürfen – reine Glücksache. Sicher kein persönliches Verdienst, vielleicht Schicksal, jedenfalls: Glück gehabt. Es heißt in einem Sprichwort, dass Glück das einzige sei, das sich vermehrt, wenn man es teilt …

G. Brändle, Agroscope – Agroscope Reckenholz-Tänikon

Bei einem anderen Wort mit Glü… kann ich fuchsig werden. Dass Landwirtschaftsminister Schmidt (CSU) neulich in Brüssel für die weitere Verwendung von Glyphosat gestimmt hat, ist doch echt ein Skandal. Erhebliche Bedenken gegen diesen „Unkrautvernichter“ gibt es nicht nur von Naturschützern. Kann es purer Zufall sein, dass kurz nach der Abstimmung die Genehmigung der US-Behörden für eine Übernahme von Monsanto durch Bayer kam? »MONSANTO [Food · Health · Hope]« …

Auch nicht glücklich macht mich Amazon. Da können sie noch so viele Smileys auf Pakete und Plakate drucken. Der Konzern hat es seit 1995 geschafft, zum Versandhändler Nummer eins zu werden. Beeindruckend ist der Eintrag bei Wikipedia. Und Amazon breitet sich weiter aus. Schon zwei Mal habe ich jetzt das „Amazon-STUDIO“-Logo im Kino-Vorspann gesehen. Immer mehr Einfluss nehmen zu können, macht bestimmt Spaß. Doch grad in letzter Zeit gab es vermehrt kritische Berichte zum Konzern, nicht nur zur Bezahlung der Mitarbeiter_innen im Versandzentrum. Die interessante Reportage in der ARD [gesendet am 27.11.2017, 45 min] Das System Amazon kann man in der ARD-Mediathek nachsehen.
Es gibt Prognosen, die Amazon in zehn, fünfzehn Jahren als Monopolisten im Versandhandel sehen. Wer dann online shoppen will, hätte nicht mehr die Wahl. Wer das verhindern will, sollte zuallererst keine Bücher mehr dort bestellen, sondern in der nächstgelegenen Buchhandlung resp. in deren Online-Shop.

Plakat des Diogenes Verlages, Zürich

Wer noch einen Bücherwunsch frei hat, Platz auf dem Sofatisch und Lust auf eine ganz besondere und abwechslungsreiche Lektüre, denen empfehle ich

   

Letters of Note – Correspondence Deserving of a Wider Audience
Letters of Note – Briefe, die die Welt bedeuten
125 Briefe der Weltgeschichte versammelt dieses schön gemachte Buch, mit Abdrucken der Originale, die für die deutsche Ausgabe übersetzt wurden. Der Ursprung dieses Bandes sind Briefe, die Shaun Usher seit Jahrzehnten auf www.lettersofnote.com/ sammelt.
Besonders lustig finde ich den Brief der drei Teenager an Dwight D. Eisenhower, die sich beim damaligen US-Präsidenten dafür einsetzen, dass Elvis Presley beim Militär seine langen Haare behalten darf. Sonst hätte ihr Leben keinen Sinn mehr, schreiben sie.

Hier noch zum neuen Jahr einige Taschenbuch-Empfehlungen. Teils tragik-komisch, in der Grundstimmung heiter.
Weitere Informationen finden sich auf den Verlagsseiten per Klick auf den Titel.

        

Adriana Altaras, Das Meer und ich waren im besten Alter. Geschichten aus meinem Alltag
Karin Kalisa, Sungs Laden
Helen Simonson, Mrs. Alis unpassende Leidenschaft
Joachim Meyerhoff, Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke

Ankündigen möchte ich gern noch den nächsten LiteraturBrunch der Hamburger BücherFrauen, den ich die Freude habe, wieder mit vorzubereiten.
Unter dem Motto »Fremdeinwirkungen – Familienromane aus der klischeefreien Zone« lesen Britta Boerdner, Mareike Krügel und Annette Mingels aus ihren 2017 veröffentlichten Romanen und sprechen mit Christine Gräbe über ihre Arbeit.

  

Der LiteraturBrunch 2018 findet statt am Sonntag, dem 28. Januar 2018, im La Yumba (St. Pauli), Einlass 9:30 Uhr. Der Eintritt kostet 20 Euro (für BücherFrauen 15 Euro), inkl. Brunch-Büfett. Kartenreservierung bitte per Mail an literaturbrunch@buecherfrauen.de

Auf jeden Fall glücklich machen können diese »Kürbisspalten aus dem Ofen«. Das Rezept kommt ein bisschen verspätet, denn Hokaido-Kürbisse gibt es schon länger nicht mehr im Hochbeet zu ernten [siehe Foto], aber immer noch aufm Markt oder im Laden zu kaufen.

Blick in unser neues Hochbeet im September

Einen halben Hokaido-Kürbis in dünne Spalten schneiden und in eine mit Olivenöl ausgestrichene Form schichten, großzügig mit Olivenöl bestreichen, salzen, mit Korianderkörnern und Kürbiskernen bestreuen.
Bei 175 Grad Umluft etwa 20 Minuten garen lassen. Guten Appetit!
[Die andere Hälfte gelegentlich zu einer Suppe kochen.]

Eines Tages wird es gleichgültig sein, ob wir glücklich oder unglücklich sind, weil wir für keines von beiden Zeit haben. Tennessee Williams (amerikanischer Dramatiker, 1911-1983)


Augenzeug_innen

Gestern bin ich mit einer jungen Frau ins Gespräch gekommen. S. ist in Deutschland geboren, ihre Herkunftsfamilie stammt aus der Türkei. Irgendwann erzählt sie, dass sie kurdische Yesidin sei. Ihre Heimatstadt Mardin, eine uralte Stadt in der Südtürkei nahe der syrischen Grenze, sei in den letzten Jahren weitgehend zerstört worden. Es lebten aber noch Menschen dort, die beginnen würden, ihre Stadt wieder aufzubauen, obwohl sie keine Hoffnung auf Frieden mehr hätten.

Mardin (ein Ausschnitt) vor der Zerstörung

Zusammen mit ihrer Mutter hat S. vor Kurzem ein grenznahes Flüchtlingslager besucht, weil sie sich selbst ein Bild machen wollte. Die Lage dort sei kaum vorstellbar entsetzlich. Da es so gut wie nichts gebe, auch kein ausreichendes Trinkwasser, würden die Säuglinge von ihren älteren Geschwistern mit Zuckerstückchen gefüttert …
Das ist doch unerträglich. Wie können wir uns das noch länger mit ansehen? Wie können wir diese Situation länger verdrängen oder dulden? Das ist eine solche Schande für Europa!


Der Ostermarsch in Hamburg am Montag, 17. April, beginnt mit einer Andacht in St. Georg um 11.30 Uhr, die Auftaktkundgebung startet um 12 Uhr. Ich würde mich sehr freuen, viele von Euch (mit ihren Verwandten und Bekannten) dort zu treffen. Das Flugblatt zum Ostermarsch. Nähere Infos beim Hamburger Forum. Eine Übersicht über die bundesweit stattfindenden Ostermärsche hat das Netzwerk Friedenskooperative zusammengestellt.

Zum Aspekt, welche Rolle die Medien spielen in unserer Wahrnehmung der Ereignisse: Navid Kermani, Friedenspreisträger und Augenzeuge, berichtet in der Sternstunde Philosophie von seiner Reportage-Reise durch Tschetschenien und beklagt, dass die Redaktionen (Print, Hörfunk, TV) sich solche Berichterstattungen wegen des immensen Organisationsaufwand kaum noch leisten würden. Das beeindruckende, kluge Gespräch mit Barbara Bleisch vom 5.2.2017 unter dem Titel Was uns tröstet ist hier nachzusehen.

Was mich tröstet, sind Musik und Literatur [unter anderem].

Letztes Jahr habe ich Sophie Hunger mit meiner Freundin Nicola zusammen im Berliner Berghain erlebt. Das war großartig. Ich liebe ihre Doppel-CD The Rules Of Fire. Mehr Infos bei JPC und dem Label Two Gentlemen.
    
Tröstlich finde ich die Musik, die Joel Frederiksen mit seinem Ensemble Phoenix Munich aufgenommen hat: Requiem for a Pink Moon – An Elizabethan Tribute to Nick Drake, 2013 ausgezeichnet mit einem Echo Klassik.

Apropos Elizabethan: Grad heute Morgen habe ich wieder einen bemerkenswerten SWR2-Wissen-Podcast gehört: Elisabeth I von England – Eine Frau mit dem Herzen eines Königs. Mehr über die ebenfalls sehr interessante Autorin des Beitrags Imogen Rhia Herrad.

Auch Christa Wolf, deren Bücher ich immer wieder neu entdecke, schreibt als Augenzeugin. Posthum von ihrem Mann Gerhard Wolf herausgegeben: Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert 2001-2011 – der Nachfolgeband zu ihrem Tagebuch-Projekt Ein Tag im Jahr. 1960-2000.

Christa Wolf schrieb am 27. September 2007: »Jeden Tag führt die Zeitung uns vor Augen, daß wir in einer wahnsinnigen Welt leben, die mit großer Beschleunigung auf eine Selbstzerstörung zutreibt. Ich wundere mich wirklich, daß so wenige Menschen das bemerken und daß wir anderen, die es bemerken, uns daran gewöhnt haben.«
    
Eine wunderbare Entdeckung für mich war zuletzt die amerikanische Dichterin Emily Dickinson  (1830–1886). Nur zehn(!) Gedichte wurden zu ihren Lebzeiten veröffentlicht.

Hope is the thing with feathers
that perches in the soul
and sings the tunes without the words
and never stops at all.

In unserer nur zu lobenden Stadtbücherei fand ich das zweisprachige Hörbuch Emily Dickinson, Gedichte, in der Übersetzung von Gunhild Kübler, gelesen von Julika Jenkins, erschienen 2007 bei Kein und Aber, lieferbar noch bei JPC.

   
Emily Dickinson, Gedichte
Aus dem Englischen von Gunhild Kübler
560 Seiten, 2011 erschienen als Fischer Taschenbuch
Emily Dickinson, Sämtliche Gedichte
Zweisprachig. Übersetzt und herausgegeben von Gunhild Kübler
1408 Seiten, 2015 bei Hanser erschienen

Der Beitrag Die geheime Lyrik der Emily Dickinson [im Deutschlandfunk-Archiv] bietet einen spannenden Einblick in Leben und Werk der fast vergessenen Dichterin. Sämtliche Gedichte [das sind 1789(!)] war Buch der Woche im April 2015.

Zum Schluss noch Neuigkeiten aus unseren Garten: Der Päckchenbote hat uns vorgestern eine Lieferung Regenwurmkokons von SUPERWURM auf die Terrasse gestellt. So ist das bei uns in der Kleinstadtsiedlung. Je nach Witterung sollen sie in einigen Monaten schlüpfen, die 1200 Superwürmer. Und gegen freie Kost und Logis in unserm Kompost und in den neuen Hochbeeten werden sie feinen Humus liefern. So ist jedenfalls der Plan.