textbeet

Kompost für den Alltag


Alte weise Männer

Um gleich einem Missverständnis vorzubeugen: Ich bin weiterhin für die Gleichstellung der Geschlechter. Dass wir vor dem Gesetz gleichberechtigt sind (steht immerhin seit 1994 im Grundgesetz), bedeutet noch nicht, dass Männer und Frauen an gesellschaftlich entscheidenden Positionen fifty/fifty gleichgestellt und sichtbar sind.

Heute möchte ich vier alte weise Männer vorstellen, deren Fan ich bin.
Vier alte weise Frauen bleibe ich erst mal schuldig. Das ist natürlich unfair, aber ich freue mich auf Eure Vorschläge!

Fulbert Steffensky, 1933 im Saarland geboren, habe ich das erste Mal live erlebt 2013 in Hamburg beim Evangelischen Kirchentag. Ich schätze besonders seinen verschmitzten Humor und seine schöne bilderreiche Sprache. Er schreibt: »Ich frage nicht, ob die alten Texte und Lieder in allem theologisch korrekt und richtig sind. Ich besinne mich vielmehr darauf, dass es schön ist, Gast in diesen fremden Glaubensküchen zu sein. … ich genieße die fremde Speise. Wer immer nur sein eigener Koch ist, dessen Zunge verdummt.«

Publik-Forum, Ausgabe vom 22.3.2024

Die meisten Bücher von Fulbert Steffensky sind im Radius-Verlag erschienen. Und selbstredend gibt es bei youtube jede Menge Vorträge von ihm nachzusehen.

Fulbert Steffensky, Fragmente der Hoffnung
192 Seiten, erschienen am 1.5.2019

Der Benediktinermönch und Zenmeister David Steindl-Rast, der 1926 in Wien geboren wurde, begegnet mir seit etwa zehn Jahren immer wieder (online:). Zuletzt in dem SRF-Gespräch vom 17.3.2024: Was ist der Sinn des Lebens? [verlinkt zu youtube].

Bruder David und Olivia Röllin

Die Kernthese von David Steindl-Rast: »Dankbarkeit führt zu Glücklichsein.«
Ich hab’s ausprobiert. Stimmt.
Auch er hat im Laufe seines langen Lebens einige Bücher veröffentlicht. Zuletzt:

David Steindl-Rast, Auf dem Weg in die Stille
Übersetzt von Bernardin Schellenberger
160 Seiten, erschienen am 14.8.2023 bei Herder

Auf Thích Nhất Hạnh (ausgesprochen: Tick Njat Han) hat mich erst kurz nach seinem Tod 2022 meine BücherFrauen-Kollegin Sandra M. Schneider in ihrem Blog aufmerksam gemacht. Ich habe ihn hier im Textbeet schon einige Male erwähnt. Der buddhistische Mönch wurde 1926 im heutigen Vietnam, damals Französisch-Indochina, geboren.

Handschrift Thích Nhất Hạnhs

Der halbstündige Dokumentarfilm A Cloud Never Dies [verlinkt zu youtube] erzählt sehr dicht vom beeindruckenden Leben und Wirken Thích Nhất Hạnhs.

Auch seine Bücher kann ich nur empfehlen, zum Beispiel (wegen des Titels und des hübschen Covers)

Thích Nhất Hạnh, Einfach zufrieden
Übersetzt von Ursula Richard
128 Seiten, erschienen am 1.4.2020 im O.W.Barth-Verlag

Wie genau ich neulich auf Eddie Jaku gestoßen bin, weiß ich schon nicht mehr. Es war jedenfalls bei youtube, wo sein 2019 in Sydney gehaltener, eindrucksvoller TED-Talk nachzusehen ist: Der glücklichste Mann auf Erden: der Holocaust-Überlebende Eddie Jaku [verlinkt zu youtube]
Eddie Jaku kam 1920 als Abraham Jakubowicz in Leipzig zur Welt und verstarb 2021 in Sydney.

Eddie Jaku 2019 beim TED-Talk in Sydney

Eddie Jaku, Der glücklichste Mensch der Welt
Übersetzt von Dr. Ulrike Strerath-Bolz
216 Seiten, erschienen am 1.4.2021 bei Knaur


Koloniales

In einer Runde von Gleichaltrigen haben wir neulich festgestellt, dass der Kolonialismus damals bei uns im Unterricht keinerlei Rolle gespielt hat. Seitdem ist viel passiert, erforscht und ausgesprochen worden. Ob Völkermorde, Ausbeutung und Eurozentrismus inzwischen in den Lehrplan Geschichte aufgenommen worden sind?

Zeit für die nächste Folge der kleinen Serie „Interessante Menschen meines Jahrgangs“,
denn vor wenigen Wochen ist Der chinesische Paravent meiner Freundin Nicola bei dtv erschienen. Das Kunstmagazin ART meint: „Kuhns Verzahnung persönlicher Geschichten mit den Abgründen der Kolonialgeschichte ist schonungslos und äußerst spannend.“ Das kann ich bestätigen!

Nicola Kuhn, Der chinesische Paravent.
Wie der Kolonialismus in deutsche Wohnzimmer kam
366 Seiten, erschienen am 14.3.2024 bei dtv

dtv-Messestand in Leipzig (Ausschnitt), 22.3.2024, Foto: marengide

Auch Josef Hader wurde 1962 geboren, wie ich neulich in meiner Lieblingsquelle Wikipedia erfahren habe. Letzten Montag haben wir ihn live erlebt im Hamburger ZEISE-Kino bei der Vorpremiere von seinem neuen Film Andrea lässt sich scheiden – seit dem 4.4. in den Kinos. Am nächsten Montag (15.4.) kommt Josef Hader noch einmal ins Zeise um 20:00 Uhr, zum Gespräch mit Matthias Elwardt.

Szene aus dem Trailer von Andrea lässt sich scheiden
Quelle: youtube

Schon ganz schön tragisch, diese Geschichte, und ich bin froh, nicht am Land in Niederösterreich wohnen zu müssen. In der Hauptrolle: die großartige Birgit Minichmayr.

Damit zurück zu weiteren Auswirkungen des kolonialen Eurozentrismus.

Die Dichterin und Aktivistin May Ayim wurde 1960 in Hamburg geboren und hat sich mit 36 Jahren in Berlin das Leben genommen. Ich hatte noch nie von ihr gehört … Dabei sind ihre Bücher im Münsteraner Unrast-Verlag erschienen, im letzten Herbst zum Beispiel blues in schwarz weiss & nachtgesang.


Ebensowenig kannte ich bis zu diesem Kalenderblatt Funmilayo Ransome-Kuti (1900–1978).

Die nigerianische Frauenrechtlerin Funmilayo Ransome-Kuti (1900–1978) wurde die „Löwin von Lisabi“ genannt. Nigeria war von 1903 bis 1960 britische Kolonie.

Zum Schluss noch eine Newsletter-Empfehlung, damit wir später nicht sagen können: Oh, davon haben wir gar nichts gewusst.

Bis zur Enthüllung des „Geheimplan Deutschland“-Treffens im Landhaus Adlon am Lehnitzsee hatte ich vom Correctiv noch nicht gehört. Seitdem habe ich das „Correctiv SPOTLIGHT“ abonniert und fühle mich besser informiert.

Nicht „kolonial“, sondern regional: unser „Frühlingswandeln 2024“ am 27. April. Der Weg nach Schenefeld lohnt sich, denn über 30 Vereine werden beim „Markt der Möglichkeiten“ dabei sein.


Verunsicherungen

Fotos: marengide

Wie kam dieses Streichholz durch die Qualitätskontrolle?

Quelle: SN/APA/dpa 2018

Die Klimakrise wirkt dermaßen verunsichernd, dass wir sie häufig komplett verdrängen.

In ihrem Glossar der Klimagefühle: A wie Angst bis Z wie Zuversicht
hat Jelena Malkowski für die taz vom 24.2. die Gefühle Trauer, Schuld und Scham, Verdrängung, Wut, Verbundenheit und Neid in Bezug auf die Klimakrise verständlich erklärt. Und sie macht jeweils einen Vorschlag, wie wir besser mit diesen Verunsicherungen umgehen können.

* * *
Bei dieser Rechnung bin ich jedenfalls ganz sicher:
2024-1962=62
Und schon startet eine neue kleine Serie:
Interessante Menschen meines Jahrgangs

Julie Otsuka 2022. Quelle: youtube, babelio.com

Julie Otsuka wurde 1962 in Palo Alto, Kalifornien, geboren.
In dem kurzen Interview vom Oktober 2022 spricht Julie Otsuka über ihren jüngsten Roman, im Original The Swimmers.

Cover der Ausgabe bei Penguin, Australien

Julie Otsuka, Solange wir schwimmen
Aus dem amerikanischen Englisch von Katja Scholtz
160 Seiten, erschienen am 8.8.23 bei Mare
„Pointiert übersetzt von Katja Scholtz … Jeder Satz ein Miniporträt!“
Deutschlandfunk

Den Kölner Jürgen Wiebicke (*1962), Philosoph, Autor, Moderator, habe ich erst neulich „kennengelernt“. Sein jüngstes Buch passt perfekt zum Thema.

Jürgen Wiebicke, Emotionale Gleichgewichtsstörung.
Kleine Philosophie für verrückte Zeiten
160 Seiten, erschienen am 2.11.23 bei Kiepenheuer&Witsch

Beim WDR moderiert Jürgen Wiebicke die Reihe Das philosophische Radio
und hatte am 23.10.2023 die Philosophin Eva von Redecker zu Gast. Mit ihr hat er über ihre Idee der Bleibefreiheit gesprochen. Hier geht’s zum Podcastgespräch [nachzuhören bis zum 22.10.2024].

Eva von Redecker, Bleibefreiheit
160 Seiten, erschienen am 24.5.2023 bei S.Fischer

Keine leichte Kost ehrlich gesagt, aber es lohnt sich, einen komplizierteren Satz auch zwei drei mal zu lesen, finde ich.

Da wir grad bei Philosophinnen sind: Natalie Knapp (*1970) hat bereits 2015 über Verunsicherungen geschrieben:

Natalie Knapp, Der unendliche Augenblick
Warum Zeiten der Unsicherheit so wertvoll sind
320 Seiten, erschienen am 31.7.2015 bei Rowohlt

Was aber könnte uns mehr Sicherheit schenken?
Bobby McFerrin hat auf seinem Album Medicine Music seine Version von Psalm 23 Der Herr ist mein Hirte seiner Mutter Sara gewidmet – The 23rd Psalm (dedicated to my mother)

Even though I walk through a dark and dreary land,
There is nothing that can shake me,
She has said She won’t forsake me,
I’m in her hand.

Aus: Bobby McFerrin, The 23rd Psalm (dedicated to my mother)

Quelle: Pacific Chorale

Eine sehr schöne Aufnahme: Bobby McFerrin’s VOCAbuLarieS (featuring SLIXS & Friends) – bei youtube – live in Danzig auf dem „Solidarity of Arts Festival“ am 17. August 2013.

Frühjahrsboten im Februar: Winterlinge

Die Angst klopft an die Tür.
Das Vertrauen öffnet.
Niemand steht draußen.

Chinesisches Sprichwort


Sei wachsam

Rückseite der CD „Leuchtfeuer“ (1995)
Quelle: jpc
Quelle: jpc

2002 hat Reinhard Mey Sei wachsam im Dresdner Kulturpalast gesungen, nachzuhören bei youtube.

Sei wachsam,
Präg‘ dir die Worte ein!
Sei wachsam,
Und fall nicht auf sie rein!
Pass auf, dass du deine Freiheit nutzt,
Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!
Sei wachsam,
Merk‘ dir die Gesichter gut!
Sei wachsam,
Bewahr dir deinen Mut.
Sei wachsam
Und sei auf der Hut!

Quelle: http://www.reinhard-mey.de/texte-fuer-alle/

Die Wendung „auf der Hut sein“ kommt ursprünglich wohl aus der Soldatensprache.
„Auf der Hut“ standen die wachhabenden Soldaten außerhalb des Heerlagers.
Zur Herkunft lesen wir im Duden: mittelhochdeutsch huote, althochdeutsch huota = Bewachung, Behütung, Obhut, ursprünglich = Schutz, Bedeckung

Apropos Soldaten habe ich neulich in meinem Lieblingsrätsel, dem Wordle auf wordle.at, warum auch immer, als erstes das Wort KRIEG eingegeben.

Dieses Rätsel hätte Suchtpotential, wenn man es nicht nur ein Mal pro Tag lösen könnte.

Um Süchte geht es in einigen Songs von AnnenMayKantereit auf ihrer jüngsten Platte Es ist Abend und wir sitzen bei mir. Henning May schreibt sich, anders als Reinhard, mit AY und hat eine, wie ich finde, obercoole Stimme. Was ein Grund für mich war, die CD bei jpc zu bestellen und nicht mehr bei Spotify zu hören … Ich empfehle »Lass es kreisen« zum Tanzen, »Erdbeerkuchen« zum Vorfreuen und »Tommi« für alle, die Sehnsucht haben, nach Köln z. B.
Und fast alle anderen Songs zum Immer-wieder-Hören.

Mehr Musik! Und noch ein Mann im Textbeet:
Marc-Uwe Kling – mit Das Lied der Verweigerung [verlinkt zu youtube]
[Aufzeichnung vom 15.02.2015 bei Pufpaffs Happy Hour (3sat)]
Als Ablenkung für zwischendurch – sehr lustig!

Quelle: 3sat

Und das jüngste Buch von Marc-Uwe Kling sollte in keiner Besserwisser-WG fehlen. Drum lag’s auch bei uns unterm Tannenbaum.
Das Klugscheißerchen von Marc-Uwe Kling und Astrid Henn

Quelle: Carlsen Verlag

Noch einmal zurück zu Reinhard Mey: Ein sehr schönes Gespräch führte Victoria Mey mit ihrem Vater Anfang 2023, veröffentlicht als Blogbeitrag vom 14.1.2023 auf www.reinhard-mey.de

Vater und Tochter. Quelle: www.reinhard-mey.de

Zum Schluss werde ich doch noch etwas pathetisch …
Seid auf der Hut, nutzt Eure Freiheit, geht auf die Straße, Ihr Wachsamen!
Zum Beispiel am übernächsten Sonntag, am 25.2. in Hamburg.

Quelle: Fridays for Future Hamburg

Zitat aus der Demo-Ankündigung: »Wir werden nicht aufhören, laut zu sein gegen Rechtsextremismus, gegen menschenverachtende Politik und gegen die AfD. … NIE WIEDER IST JETZT!«

Nicht weniger wichtig! Quelle: Fridays for Future

Was bedeutet eigentlich die Kooperation von FFF mit Verdi beim nächsten Klimastreik?
Bei WeAct wird’s erklärt und eine Petition zum Unterschreiben gibt es auch.


Textbeet # 100

Wer hätte das gedacht vor fast zehn Jahren?

Ausnahmsweise werde ich mich mal selbst zitieren, genau gesagt den ersten Beitrag hier im Textbeet: »Natürlich«

»Natürlich – oh, jetzt ist es mir selbst rausgerutscht, natürlich, der Satzfüller, der Nachfolger von sozusagen.

In Zeiten, die immer künstlicher, komplexer, konfuser scheinen. Jedenfalls alles andere als natürlich. Wenn man erst mal darauf achtet: Inflationär der Gebrauch, vor allem in Radio-Beiträgen und -Interviews, sogar im Deutschlandradio …

Natürlich klingt wie eine Entschuldigung, dahinter steckt aber auch: Widerspruch ist zwecklos. Vielleicht ließe es sich gelegentlich durch etwas altmodische selbstredend ersetzen?
Katja Petrowskaja merkte es neulich bei einem Gespräch im Hamburger Literaturhaus über ihr Debüt Vielleicht Esther an. Dass ihr der allzu häufige Gebrauch auch schon aufgefallen sei. Katja Petrowskaja ist eine bemerkenswerte Autorin und benutzt die deutsche Sprache auf beeindruckende Weise. Möglicherweise weil sie erst spät auf die deutsche Sprache gekommen ist, wie sie sagt?«

Cover der Suhrkamp-Taschenbuchausgabe von 2015

Das soll genügen für dieses Jahr. Innehalten im Advent.

Quelle: www.wollenesgewebe.de

Na, eins noch. Denn eben grade habe ich einen Text gelesen, den ich mir „für später“ abgespeichert hatte: Wolkig, aber heiter – Klimawandel, Krieg und Wirtschaftskrise … Von Axel Hacke
Erschienen ist Wolkig, aber heiter in der ZEIT am Wochenende vom 30.8.2023, nachzulesen hier [mit Z+] , und vermutlich ein gelungene Zusammenfassung seines jüngstes Buchs Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte

Wer keinen Z+Zugang hat und sich nicht so wie ich gleich das Buch kaufen möchte, kann an mg ät textbeet. de schreiben. Is ja bald Weihnachten.


Verbindungen

»Ab 1889 wurden in Deutschland verstärkt Frauen im Telefondienst eingesetzt. Wie die Erfahrungen in den USA ab 1878 zeigten, waren Frauen im Allgemeinen höflicher zu den Kunden und konnten deutlich schlechter bezahlt werden.« Quelle: Wikipedia

Telefonistinnen im Fernsprechamt Stettin 1892

Im Gespräch mit der Forscherin Katharine Hayhoe über Klima-Kommunikation – Veränderung ist ansteckend (taz vom 28.10.2023) – geht es um unsere Handlungsmöglichkeiten in der Klimakrise.
Hayhoe und weitere 30 Wissenschaftler:innen haben eine Ak­tions­platt­form entwickelt, auf der sich sechs Schritte möglichst effektiven Engagements finden:

»Sie lieben das Leben auf der Erde,
aber hassen Planeten-zerstörende Kometen?
Sie möchten nicht mehr in Panik verfallen
und lieber etwas dagegen unternehmen?«

Die Aktionsplattform entstand im Zuge des Netflix-Films Don’t Look Up [verlinkt zum Trailer auf youtube], den ich super fand, auch wenn einem oft das Lachen im Hals steckenbleibt.

Filmplakat. Quelle: Netflix

In einem gut dreiminütigen Video erklärt Leonardo di Caprio die Entstehung von Don’t look up.

Mit Sinéad O’Connor verbinde ich vor allem den Song „Nothing compares 2 U“, den ich im Sommer 1990 rauf und runter gehört habe.

In diesem kurzen Interview von 2021 [verlinkt zu youtube] beantwortet Sinéad O’Connor die »biggest questions on fame, talent, God and social media« ihres Verlags Penguin Books UK.

Sinéad O’Connor auf die Frage, ob Berühmtsein auch Nachteile habe.

Doireann Ní Ghríofa stammt wie Sinéad O’Connor aus Irland.
Ihr Ein Geist in der Kehle lese ich grad und bin begeistert.

Eigentlich hatte ich nur wegen Shelly Kupferberg und Mareike Fallwickl Karten erstanden für die Lesung am 14.9. im Centralkomitee [verlinkt zu Harbourfront]. Die Autorin und ihr Roman sagten mir gar nichts. Beide waren dann eindeutig die Stars des Abends.

Von der Lesung in Berlin am 15.9.2023 gibt’s einen Stream zum Nachschauen [verlinkt zu youtube]
Kurz nach Erscheinen hat Doireann Ní Ghríofa A Goast in the Throat
in einem kurzen Video [verlinkt zu youtube] vorgestellt und daraus gelesen.

Und hier noch drei in diesem Jahr erschienene Romane von der „Longlist“ für den nächsten LiteraturBrunch der Hamburger BücherFrauen, mit denen mich seit mittlerweile 32 Jahren viel verbindet. Und diesen Romanen und ihren Protagonist:innen fühle ich mich irgendwie auch verbunden.
[Ein Klick aufs Cover führt zu weiteren Informationen]

Fühlen wir uns verbunden mit der Natur?

Durchaus ungewöhnlich:
Brombeerblüten vorm November-Himmel,
heute in unserm Garten.
Man tut, was man kann.



kurz und knapp

20.000 (plus) auf Hamburgs Straßen
188 Seiten
2 Newsletter-Empfehlungen
2 Zitate
1 App-Empfehlung

Die Parents For Future haben in ihrem aktuellen Newsletter #28 die Rede von Herbert Grönemeyer auf dem Klimastreik am 15.09.2023 in Hamburg abgedruckt und zum Video verlinkt. Lohnt sich! Nicht nur für Fans.

Herbert Grönemeyer am 15.9.2023 in Hamburg, (c) P4F

Den neuen Roman der Bachmannpreisträgerin Birgit Birnbacher habe ich von all den „LiteraturBrunch-Romanen“ besonders gern gelesen.

Birgit Birnbacher, Wovon wir leben (Zsolnay 2023)

»Ich mochte das Ich, den Städter, die Geiß, den Potutznik, den Bruder, die Unentschiedenheit und dann wieder große Klarheit. Wie poetisch die Autorin von dieser ganz anderen, mir fremden Welt erzählt, das hat mir sehr gefallen.«
aus meinem LiteraturBrunch-Leseeindruck

Bei meiner Nachrichten-Diät mache ich einige Ausnahmen:

App runterladen und GOOD-news-Newsletter abonnieren – HIER

Die GOOD-news-Redaktion:
Bianca Kriel, Selina Mahoche & Sophie Seyffert

Und die zweite Empfehlung: der monatlich erscheinende Parents-for-Future-Newsletter – so informativ wie gut gemacht.

»Ich versuche die Balance zu finden zwischen einem sinnvoll gelebten Leben und einem, das mir Spaß macht.« Carolin Emcke (2022 im Gespräch mit Michel Friedmann (verlinkt zu youtube))

Plum Village: Mindfulness App
Die kostenlose Achtsamkeits-App kann man HIER z. B. im Apple-Store laden.

»We can make good use of technology in order to help people go home to themselves …«
Thích Nhất Hạnh (1926–2022)


Radikal

»Als ich merkte, dass Pferde gar keine Rolle spielen, interessierte mich das Patriarchat nicht mehr.« Beach-Ken in Barbie (aus meiner Erinnerung zitiert)

Tagesabreißkalender 2023
Starke Worte von starken Frauen

Das Adjektiv radikal lässt sich übrigens zurückverfolgen ins Spätlateinische: radicalis = mit Wurzeln versehen. Keine Ahnung warum, aber ich mochte im Mathe-Unterricht das Wurzelziehen besonders gern.

Deutsche Form des Wurzelzeichens
Quelle: Wikipedia

»Die meisten Pflanzen sind über Wurzeln unterirdisch miteinander verbunden. Gemeinsam mit Pilzen bilden sie so riesige Netzwerke, eine Art ›grünes Internet‹, über das pflanzliche Individuen miteinander in Kontakt stehen, einander helfen oder warnen.« Quelle: ZDF Die geheime Welt der Pflanzen (leider nicht mehr online)
So genannte Graswurzelbewegungen meint Initiativen, die von unten her, durch Einzelne oder kleine engagierte Gruppen entstehen. Ein typisches Beispiel für eine Graswurzelbewegung: Fridays for Future.

Womit wir beim nächsten Globalen Klimastreik wären. Merkt Euch bitte Freitag, den 15.9.2023 vor.
Lasst uns auf die Straße gehen, Zeichen setzen und uns gegenseitig ermutigen. In Hamburg z. B. um 14 Uhr am Jungfernstieg. Das ist noch nicht mal besonders radikal, aber extrem wichtig.

FOTO: Instagramm

Schon zwei Tage später – am Sonntag, dem 17.9.2023 – findet in Schenefeld unsere erste Mitmach-Konferenz statt, organisiert von

mit Thementischen zu sozialem Miteinander, gesunder Ernährung, Naturvielfalt, gerechter Mobilität … Hier geht’s zu weiteren Infos und zur Anmeldung:

Apropos: Irgendwie auch radikal verhält sich unser Finanzminister (FDP), wenn er 2024 ausgerechnet am klimafreundlichsten Verkehrsmittel sparen will.

Vorgesehen sind »350 Millionen Euro weniger für Radwege, sichere Kreuzungen oder Radschnellwege – die Milliarden für den Autoverkehr bleiben unangetastet.« Quelle: Campact
Wer vorm Bundestagsentscheid den Campact-Appell „Radwege retten – Kürzungen stoppen!“ unterstützen will, kann hier unterschreiben.

Mein Stapelschuldgefühl (siehe weiter unten im Juli-Textbeet) wird übrigens kleiner. Zuletzt habe ich Caroline Wahls Roman 22 Bahnen verschlungen. Mir ging es ähnlich wie Alina Bronsky, die im Rückentext lobt: »Ich bin durch ›22 Bahnen‹ gerauscht und hellauf begeistert. Herzerwärmend, fein, gnadenlos und richtig schön zugleich.«

Und auf dieses wunderbare kleine Buch möchte ich doch auch noch gern hinweisen:
Axel Scheffler, Über das Halten von Eichhörnchen – Ein Ratgeber,
im Original 1910 erschienen in einem englischen Kinderlexikon.

wunderbar übersetzt von Harry Rowohlt

Vielleicht würde sich das Eichhörnchen die Mandelstifte aus diesen veganen Schoko-Cookies rauspicken. Ich empfehle sie zum Selberessen.

Schoko-Mandel-Aprikosen-Cookies
250 g Alsan-Bio-Margarine
200 g Rohrohrzucker
2 TL Vanillezucker
300 g Weizen-Vollkornmehl
100 g echtes Kakaopulver
2 TL Backpulver
200 g Mandelstifte
200 g getrocknete Aprikosen in Würfeln, für eine halbe Stunde eingelegt in einer halben Tasse Apfelsaft oder warmem Wasser
… in dieser Reihenfolge einer Schüssel zu einem schönen Teig kneten.
Ggf. noch etwas Flüssigkeit zufügen. Etwa gleich große Kugeln formen, etwas plattdrücken, auf zwei Backbleche verteilen und bei 180°C (im ausnahmsweise vorgeheizten Ofen) etwa 8 Minuten backen, Ofen ausmachen, etwa 5 min im Ofen und dann draußen abkühlen lassen.
Ergibt ungefähr 60 köstliche vegane Cookies.

Nicht zu vergessen – das alljährliche
FROSCH-SUCHBILD
(kleiner Tipp: Es ist mehr als einer)


Souvenirs

Souvenir kommt laut Duden letztlich von … subvenire (lateinisch) = einfallen, in den Sinn kommen

Auch Fotos sind oft schöne Erinnerungen und durchaus platzsparende Souvenirs, bei denen uns allerhand wieder einfallen kann, was »aus den Augen, aus dem Sinn« war.

Ich war jedenfalls letzte Woche auf Freundinnen-Besuch im Rheinland und am Neckar und habe ein paar Fotos gemacht. In Düsseldorf wegen Jenny Holzer [verlinkt zum Arte-Video vom 12.3.2023 (3 min)]

Ausstellungsplakat Jenny Holzer im K21

Das Ständehaus in Düsseldorf diente von 1880 bis in die 1930er Jahre als Parlamentsgebäude des Provinziallandtags der preußischen Rheinlande. Grundsaniert beherbergt das K21 seit 2002 einen Teil der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

Besonders beeindruckend unter der Glaskuppel:
Tomás Saraceno – in orbit (Foto im Spiegel: mgd)

Und das habe ich so auch noch nie gesehen:

Im K21 wickelt der Mann (Wegweiser, Foto: mgd)

Immer wieder einen Besuch wert: das Richter-Fenster im Kölner Dom:

Südquerhausfenster im Kölner Dom,
eingeweiht 2007 (Foto: mgd, Juli 2023)

In Marbach durfte ich dann vorgestern(!) mit den Rhein-Neckar-BücherFrauen an einer ganz tollen literarischen Stadtführung teilnehmen, die uns unter anderem auch in die wunder-volle Buchhandlung Taube in der Wendelinskapelle brachte, wo wir unter anderem diese Entdeckung machten und in einem der voll lustigen Comics das Wort Stapelschuldgefühl kennenlernten:

Tom Gauld, Die Rache der Bücher
Aus dem Englischen von Christoph Schuler
Edition Moderne, Zürich 2023

Auf einem Hügel in Marbach befindet sich das Literaturmuseum der Moderne:

Das LiMo, David Chipperfield Architects (Foto: mgd, Juli 2023)

Im Deutschen Literaturarchiv Marbach gleich nebenan werden nicht nur unendlich viele Manuskripte aufbewahrt, sondern auch solche Nachlässe wie die Strümpfe von Friedrich Schiller (* 1769 in Marbach, † 1805 in Weimar) … na gut, dann eben ein Foto davon:

Schillers Strümpfe (c)Dominik Obertreis (Foto der Postkarte: mgd)

Dabei wollen wir nicht vergessen, dass Friedrich Schiller zu den ganz großen Dichtern jener Zeit gehörte, der auch heute noch beispielsweise mit seinem Drama Die Räuber ganz modern wirkt.

Auch im neuen Roman von Milena Michiko Flašar geht es um Nachlässe von Verstorbenen und auf den langen Zugreisen hatte ich viel Freude an Oben Erde, unten Himmel, das im Frühjahr bei Wagenbach erschienen ist.

Aus dem Amerikanischen von Paul Bär, Heyne Verlag 2021

Die großartige Essayistin [und Klima-Aktivistin] Rebecca Solnit hat Das Ministerium für die Zukunft neulich empfohlen, als sie zu Gast war beim Commonwealth Club of California [verlinkt zu youtube: An Evening with Rebecca Solnit. An energizing case for hope about the climate]

Noch ist der Roman etwas belastet für mich durch dieses gewisse „Stapelschuldgefühl“, aber nach dem Urlaub könnte Das Ministerium für die Zukunft zu einem Souvenir geworden sein.
Wenn eine eine Reise tut, dann …

Warnkenhagen, Strandweg im Juli 2023







Guilty Pleasures

(c) Mark Benecke, Cashew Colombia Anacardium occidentale MB.jpg

Guilty Pleasures … also, was ich mir gönne, trotz schlechtem Gewissen, das sind ab und zu Cashews, die ich keineswegs fairtrade kaufe [Utopia erklärt, warum wir genau das tun sollten …]

Guilty Pleasure = heimliches Vergnügen, meint dict.cc.

Andere Beispiele finden sich bestimmt in diesem Koch- und Backbuch von Sabine Koning, das ich bis gestern auch noch nicht kannte.

Renée Fleming, Guilty Pleasures

Die US-amerikanische Sopranistin hat 2013 dieses Album herausgebracht, das interessanterweise im Wikipedia-Eintrag in der Diskografie nicht auftaucht.

So führt einen dieses Internet von Höcksken auf Stöcksken … – auch eine Art Vergnügen.
Nun aber zu meinen momentanen Hör- und Lese-Erlebnissen:

Das Hörbuch bei SAGA Egmont

Das Ende der Ehe von Emilia Roig (Ende März bei Ullstein als Hardcover erschienen) höre ich wegen seiner speziellen Wucht nur kapitelweise und bin noch nicht ganz fertig, habe aber schon viel gelernt übers Patriarchat.

Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 

Auch erst zur Hälfte gelesen habe ich Gertraud Klemms Einzeller. Ziemlich böse, aber klug und dabei sehr unterhaltsam. Man könnte den Roman als Fiktionalisierung von Emilia Roigs Sachbuch lesen. Aufmerksam geworden bin ich auf Einzeller über Petra Hartliebs Podcast Besser lesen mit dem FALTER, #80. Das kurzweilige Gespräch mit der Autorin finde ich einen perfekten Einstieg.

Am letzten Montagabend habe ich mir die Live-Übertragung von der Verleihung des Deutschen Sachbuchpreises 2023 aus dem Kleinen Saal der Elbphilharmonie gegönnt. Hat sich gelohnt. Sowohl die Rede von Hamburgs Zweiter Bürgermeisterin Katharina Fegebank als auch die Rede von Karin Schmidt-Friderichs, der Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Weniger die Beiträge der Moderatorin. Auf jeden Fall aber die Vorstellungen der Nominierten, nach denen ich keinen Tipp hätte abgeben können, für welches dieser acht aktuell relevanten Sachbücher sich die Jury wohl entschieden hat. Hier nachzusehen [verlinkt zur Aufzeichnung vom 1.6.2023, eine gute Stunde lang].

Der Gewinner des Deutschen Sachbuchpreises 2023: Ewald Frie für Ein Hof und elf Geschwister. Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland (Verlag C.H.Beck).

Aus der Jurybegründung: »In seiner verblüffend einfachen und zugleich poetischen Sprache schafft Frie Zugang zu einer Welt im Wandel – immer empathisch, aber nie nostalgisch. Auf der Basis von Interviews mit seinen Geschwistern hat Ewald Frie ein tiefes und gleichzeitig zugängliches und unterhaltsames historisches Sachbuch verfasst.«

Ewald Frie ist Historiker, mein Jahrgang, in Nottuln/Münsterland geboren, also quasi um die Ecke, wobei ich vom bäuerlichen Leben damals wenig mitbekommen habe. Und eine sehr schöne Dankesrede hat der Tübinger Professor auch gehalten. Ein Buch für die Wunschliste.

Schließlich noch ein gar nicht heimliches Vergnügen: das Upcycling von schon früher nützlich gewesenen Dingen. Folge 1: der Kipplaster. Inzwischen nachhaltig genutzt als Vogeltränke und -badestelle im Garten. Und natürlich weiterhin als Spielzeug.